Widerspruch gegen Kündigung des Mietvertrags
0 CommentsOrdentliche Kündigung des Mietvertrags durch Vermieter
Hat der Vermieter das Mietverhältnis aus berechtigtem Grund (z.B. Eigenbedarf) unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist gekündigt, kann dem Mieter ein Widerspruchsrecht zustehen. Er kann der Beendigung des Mietverhältnisses bei Vorliegen einer unzumutbaren Härte widersprechen. Dies ergibt sich aus § 574 BGB:
„Der Mieter kann der Kündigung des Vermieters widersprechen und von ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist.“
Der Widerspruch kann nur gegen eine ordentliche Kündigung eingelegt werden. Einer außerordentlichen fristlosen Kündigung kann nicht unter Verweis auf einen Härtefall widersprochen werden.
Ein Widerspruch ist nicht notwendig, wenn die Kündigung formell unwirksam ist: Auf eine unwirksame Kündigung muss der Mieter gar nicht reagieren.
Widerspruch des Mieters: Form und Frist
Der Widerspruch gegen die Kündigung muss in Schriftform erfolgen und spätestens zwei Monate vor Ablauf der Kündigungsfrist beim Vermieter vorliegen. Das setzt allerdings voraus, dass der Vermieter den Mieter rechtzeitig vor Ablauf der Widerspruchsfrist auf die Möglichkeit des Widerspruchs aus sozialen Gründen und seine Form und Frist hingewiesen hat. Hat der Vermieter das im Kündigungsschreiben oder im Anschluss daran versäumt, kann der Mieter den Widerspruch noch im ersten Termin des Räumungsrechtsstreits erklären.
Beauftragt der Mieter einen Rechtsanwalt mit der Einlegung des Widerspruchs, muss dem Widerspruch unbedingt eine Originalvollmacht beigelegt werden. Andernfalls kann der Vermieter den Widerspruch wegen fehlender Vollmacht gem. § 174 BGB zurückweisen. Dann muss der Widerspruch (unter Beifügung einer Vollmacht) wiederholt werden. Oft ist dann aber die Widerspruchsfrist verstrichen.
Welche Härtegründe begründen die Möglichkeit des Widerspruchs?
Auf Verlangen des Vermieters sind die Gründe des Widerspruchs unverzüglich mitzuteilen. Da der Vermieter in der Regel wissen möchte, womit der Mieter seinen Widerspruch begründet, sollte eine Begründung bereits im Widerspruchsschreiben erfolgen.
Der Widerspruch ist nur begründet, wenn sich der Mieter auf die Sozialklausel des § 574 Abs. 1 S. 1 BGB stützen kann: Die Kündigung des Mietverhältnisses muss eine unzumutbare Härte aufseiten der Mietpartei zur Folge haben. Wann liegt eine solche besondere Härte vor, nach denen ihr die Kündigung der Wohnung und ein Umzug nicht zugemutet werden kann?
Als „Härtefall“ im Sinne des § 574 BGB gilt jede Art von wirtschaftlichen, finanziellen, gesundheitlichen, familiären oder persönlichen Problemen, die durch die Kündigung des Mietvertrags entstehen können. Dazu gehören auch nachteilige Veränderungen im beruflichen Umfeld.
Sportliche Ambitionen hingegen sind in der Regel nicht zu berücksichtigen. Auch politische, geistige, kreative oder gesellschaftliche Interessen bleiben ohne Betrachtung. Es reicht aus, wenn solche Nachteile mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eintreten.
Einzelne Härtegründe gem. § 574 BGB
Fehlender Ersatzwohnraum
Unzumutbarkeit liegt vor, wenn „angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden kann‟.
Dazu muss der Mieter darlegen und beweisen, dass er sich um neuen Wohnraum bemüht hat. Er muss konkret erklären, welche Wohnungen er wann besichtigt hat und weshalb er sie nicht anmieten konnte. Außerdem muss er vortragen, welche konkreten Maßnahmen er ergriffen hat, um angemessenen Wohnraum zu finden.
Gelegentliche Besichtigungen reichen nicht aus, sondern der Mieter muss regelmäßig Anzeigen aufgeben, auf Anzeigen reagieren und dies auch entsprechend nachweisen können. Dazu muss er, so hat es mir einmal ein Richter beim Amtsgericht Köln erklärt, mindestens einen vollen Leitz-Ordner mit Anzeigen, Bewerbungen und Ablehnungen vorlegen können: „Sonst hat er keine Chance, sich darauf zu berufen, dass er nichts findet.“
Hohes Alter
Ein hohes Lebensalter allein reicht nicht aus, um einen Härtefall zu begründen. Hohes Alter kann aber dazu führen, dass dem Mieter aufgrund seines hohen Alters die mit einem Wohnungswechsel verbundenen Belastungen und Beschwerden nicht mehr zuzumuten sind. Der Mieter trägt die Darlegungslast für diese Umstände.
Sehr alte Mieter leben oft auch schon ihr Leben lang in der Wohnung und sind mit dem Wohnviertel verwurzelt. „Einen alten Baum verpflanzt man nicht“ ist nicht ohne Grund ein bekanntes Sprichwort. Häufig liegt in einem solchen Fall eine medizinisch begründbare Räumungsunfähigkeit vor, über die vom Gericht durch Einholung eines medizinischen Gutachtens Beweis erhoben wird.
Räumungsunfähigkeit liegt bereits vor, wenn der Gesundheitszustand oder die allgemeine Lebenssituation der Mietpartei durch einen Umzug erheblich verschlechtert würden. Die ernsthafte Gefahr einer erheblichen gesundheitlichen Verschlechterung rechtfertigt die Annahme einer unzumutbaren Härte.
Nach der Rechtsprechung des BGH müssen diese Umstände aber im Einzelfall dargelegt und nachgewiesen werden.
Krankheit, Behinderung
Auch eine Krankheit kann einen Härtegrund darstellen, wenn der Mieter dadurch räumungsunfähig ist. Räumungsunfähigkeit kann auch vorliegen, wenn der Mieter suizidgefährdet ist. Das Gericht muss darüber Beweis durch Sachverständigengutachten erheben.
In der Regel hat dieser Grund zur Folge, dass sich das Mietverhältnis um eine bestimmte Zeit verlängert. Ist nicht absehbar, ob sich der Zustand des Mieters bessern und wieder Räumungsfähigkeit bestehen wird, kommt auch eine Verlängerung auf unbestimmte Zeit in Betracht.
Auch ein körperlich oder geistig behinderter Mieter kann dies als besondere Härte einwenden, wenn ihm ein Umzug aufgrund seiner Beeinträchtigung unzumutbar ist.
Schwangerschaft
Die Schwangerschaft einer Bewohnerin ist wegen der mit einer Geburt verbundenen besonderen Situation und Erschwernisse als besondere Härte anzusehen. Sie kann dann verlangen, dass das Mietverhältnis so lange fortgesetzt wird, bis die mit der Geburt verbundenen Hindernisse beseitigt sind und sie mit der Suche nach Ersatzwohnraum beginnen kann.
Zusage einer langen Mietzeit und Aufwendungen für die Wohnung
Wurde dem Mieter bei Vertragsschluss eine lange Mietzeit zugesichert und hat er im Vertrauen darauf Aufwendungen auf die Mietsache getätigt hat, die er noch nicht abgewohnt hat, kommt eine Verlängerung des Mietverhältnisses in Betracht.
Berufliche oder schulische Belastungen
Eine besonders starke berufliche Belastung zum Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses kann im Einzelfall einen Härtegrund darstellen. Das gilt auch für Studenten, die zu diesem Zeitpunkt mitten im Examen stecken, für Referendare am Ende der Ausbildung oder auch für einen Arzt vor Abschluss der Promotion. In diesem Fall kann eine Verlängerung des Mietverhältnisses verlangt werden.
Zwischenumzug
Hat der Mieter zwar Ersatzwohnraum gefunden, steht dieser aber erst einige Monate später zur Verfügung, müsste er also in kurzer Zeit zweimal umziehen. Ein solcher Doppelumzug, ggf. vorübergehend in eine Notunterkunft, wird von der Rechtsprechung ebenfalls als unzumutbare Härte angesehen. Es kann dann die Verlängerung des Mietverhältnisses bis zu dem Zeitpunkt verlangt werden, an dem die neue Wohnung zur Verfügung steht. Nach der Rechtsprechung kann die Dauer der Verlängerung im Einzelfall bis zu einem Jahr betragen.
Was passiert nach Widerspruch gegen die Kündigung?
Akzeptiert der Vermieter den Widerspruch nicht, steht es ihm frei, Räumungsklage zu erheben. Das Gericht wird dann zunächst prüfen, ob der behauptete Kündigungsgrund besteht, sofern dieser bestritten wird. Dann muss Beweis erhoben werden, ob z.B. der behauptete Eigenbedarf vorliegt.
In einem zweiten Schritt muss das Gericht dann feststellen, ob der Widerspruch aus Härtegründen berechtigt ist. Auch hierüber muss in der Regel Beweis erhoben werden. Dazu bedient sich das Gericht, da es z.B. Gesundheitsbeeinträchtigungen oder die möglichen gesundheitlichen Folgen einer Räumung nicht aus eigener Sachkunde beurteilen kann, sachverständiger Hilfe.
In einem letzten Schritt muss das Gericht dann eine Interessenabwägung zwischen dem Erlangungsinteresse der Vermieterseite und dem Bestandsinteresse der Mieterseite vornehmen.
Dabei müssen die unterschiedlichen Auswirkungen einer Vertragsbeendigung und einer Vertragsfortsetzung auf die Mietvertragsparteien festgestellt werden.
Fällt die Abwägung zugunsten des Mieter aus, wird das Mietverhältnis auf bestimmte oder unbestimmte Zeit fortgesetzt. Die Räumungsklage wird dann abgewiesen.
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