Stillschweigende Verlängerung des Mietvertrags
0 CommentsVertragsverlängerung trotz Kündigung
Zieht der Mieter nach Beendigung des Mietvertrages nicht (sofort) aus der gekündigten Wohnung aus, geht der Vermieter das Risiko ein, dass sich der Mietvertrag entgegen seinem Willen um unbestimmte Zeit verlängert. Grundlage dafür ist § 545 BGB, der klar statuiert: „Setzt der Mieter nach Ablauf der Mietzeit den Gebrauch der Mietsache fort, so verlängert sich das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit, sofern nicht eine Vertragspartei ihren entgegenstehenden Willen innerhalb von zwei Wochen dem anderen Teil erklärt.“ Für den Mieter beginnt diese Frist mit der Fortsetzung des Gebrauchs, für den Vermieter mit dem Zeitpunkt, in dem er von der Fortsetzung Kenntnis erhält.
Diese, Vermietern und Mieter oft unbekannte Klausel, gilt nicht nur für alle Fälle ordentlicher Kündigung, sondern auch dann, wenn der Vermieter, z.B. wegen Zahlungsverzuges, fristlos gekündigt hat und naturgemäß ein Interesse an einem sofortigen Auszug des Mieters hat.
Möglichkeiten des Vermieters
Gegen die ungewollte Vertragsverlängerung kann sich ein Vermieter in mehrfacher Hinsicht absichern:
Zum einen ist bereits in der Kündigungserklärung der Hinweis ratsam, dass einer stillschweigenden Vertragsverlängerung gem. § 545 BGB bei nicht fristgerechter Herausgabe ausdrücklich widersprochen wird.
Zudem kann und sollte dies bereits mietvertraglich geregelt werden: § 545 BGB kann nämlich mietvertraglich – auch im Formularmietvertrag – wirksam ausgeschlossen werden.
Abbedingung im Mietvertrag durch Formularklausel
Die mietvertragliche Abbedingung des § 545 BGB ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof ausdrücklich zulässig (BGH ZMR 1966, 241; NJW 1991, 1750). Eine solche Formularklausel widerspricht auch nicht dem Transparanzgebot des § 307 BGB, wie nun das Landgericht Erfurt (Beschluss vom 29.02.2008 – 2 T 318/07) entschieden hat. Eine Klausel, die sich auf ein für jedermann einsehbaren Gesetzestext bezieht, könne nicht gegen das Transparenzgebot verstoßen. Das Gesetz sei zum einen für jedermann ohne Weiteres wahrnehmbar und ein Blick auch dem Laien zuzumuten. Zudem gelte auch im Rahmen der AGB-Kontrolle der Grundsatz, dass der Bürger das Gesetz kennen muss.
Ebenso hat nun auch das OLG Dresden in einem Urteil vom 10.08.2022 – Az. 5 U 743/22 – entschieden, dass der Ausschluss von § 545 BGB auch im Gewerberaummietrecht durch eine Formularklausel möglich ist.
Zur späteren Vermeidung böser Überraschungen empfiehlt es sich daher für Vermieter, regelmäßig in den Mietvertrag aufzunehmen, dass die stillschweigende Vertragsverlängerung bei nicht fristgerechter Rückgabe der Mietsache nach § 545 BGB ausgeschlossen wird.
Stillschweigende Begründung eines neuen Mietverhältnisses
Räumt der Mieter dann die Mietsache nach Beendigung des Vertrages nicht, sollte der Vermieter den trotzdem unbedingt darauf hinweisen, dass er mit der Fortsetzung des Gebrauchs der Mietsache nicht einverstanden ist und die Räumung und Herausgabe erwartet.
Andernfalls läuft der Vermieter Gefahr, dass der Mieter später die konkludente Neubegründung eines Mietverhältnisses einwenden wird. Denn nach der Entscheidung des OLG Dresden kann auch unabhängig von § 545 BGB stillschweigend ein neues Mietverhältnis entstehen, wenn sich im Einzelfall feststellen lässt, dass dies dem Willen und Interesse der Parteien entspricht. Dies setzt allerdings voraus, dass das Mietverhältnis nach seiner eigentlichen Beendigung weiterhin über einen längeren Zeitraum von den Parteien „gelebt“ worden ist.
Will der Vermieter diesen Eindruck vermeiden, sollte er bei jeder Gelegenheit den Verbleib des Mieters rügen und betonen, dass er das Mietverhältnis nicht fortsetzen und auch kein neues Verhältnis begründen will.