Räumungsklage: Wer muss verklagt werden?
1 CommentKündigung wegen Zahlungsverzug
Vermieter sehen sich oft der Situation ausgesetzt, dass ihre Mieter ihren Mietzahlungsverpflichtungen nicht pünktlich nachkommen oder diese gar ganz einstellen. Dauernde unpünktliche Mietzahlungen können, das hat der Bundesgerichtshof entschieden, einen Kündigungsgrund darstellen.
Unvollständige oder gar völlig ausbleibende Mietzahlungen berechtigen den Vermieter spätestens ab einem Rückstand von zwei Monatsmieten ebenfalls zur fristlosen Kündigung (vgl. § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB).
Wem muss gekündigt werden?
Unklar ist dann aber oft, wem überhaupt gekündigt werden muss. Die Kündigung muss zunächst gegenüber dem Mieter ausgesprochen werden. Dieser ergibt sich aus dem Mietvertrag. Bei einer Mietermehrheit – Eheleuten, Lebens- oder Wohngemeinschaft – muss die Kündigung an alle Mieter gerichtet werden, andernfalls ist sie unwirksam. Bestehen nun Zweifel, ob eine weitere Person Mieter geworden ist, sollte die Kündigung deshalb sicherheitshalber auch an diese gerichtet werden, denn im Zweifel gilt: lieber zu viel, als zu wenig!
Zieht der Mieter dann trotz Kündigung nicht aus, ist schnelles Handeln erforderlich. Denn mit jedem weiteren Tag des Abwartens erhöhen sich die Mietrückstände und verzögert sich die Neuvermietung an einen (hoffentlich) zahlungswilligen Nachmieter. Auch besteht die Gefahr, dass sich das Mietverhältnis stillschweigend verlängert, wenn der Mieter die Kündigung ignoriert.
Räumungsklage: Aber gegen wen?
In diesem Falle sollte deshalb aus Gründen der Schadensminimierung so schnell wie möglich Räumungsklage eingereicht werden.
Es stellt sich dann die Frage: Gegen wen muss sich die Räumungsklage richten? Wer muss verklagt werden? Denn für die spätere Zwangsvollstreckung (Räumung der Wohnung durch den Gerichtsvollzieher) ist ein sogenannter Vollstreckungstitel, also in diesem Fall ein zur Räumung verurteilendes Urteil notwendig. Verurteilt werden kann aber nur, wer auch verklagt wurde.
Deshalb ist schon bei Klageerhebung zu prüfen, gegen wen das Urteil letztlich ergehen soll:
a)
Lebt der Mieter mit seinem Ehepartner in der Wohnung, ist die Räumungsklage auch gegen diesen zu erheben, selbst wenn der Ehepartner nicht Mietvertragspartei ist.
Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Gläubiger aus einem Räumungsurteil gegen den Mieter nicht gegen den im Titel nicht aufgeführten Ehepartner vollstrecken, weil regelmäßig selbst dann beide Ehegatten Mitbesitzer der ehelichen Wohnung sind, wenn nur einer von ihnen Partei des Mietvertrages ist. Der nicht im Urteil genannte Ehepartner kann die Räumung verweigern!
b)
Minderjährige Kinder, die mit ihren Eltern zusammenleben, müssen nicht auf Räumung verklagt werden.
Denn diese haben grundsätzlich keinen Mitbesitz an der gemeinsam genutzten Wohnung, sondern sind lediglich Besitzdiener, sodass ein Räumungstitel gegen die Eltern ausreicht. Auch das Erreichen der Volljährigkeit während des Mietverhältnisses ändert daran in der Regel nichts. Auch volljährige Kinder bleiben nämlich in der Regel Besitzdiener, da sie die Sachherrschaft über die Mietsache nur für die Eltern ausüben und zu diesen in einem sozialen Abhängigkeits- und Unterordnungsverhältnis stehen und weisungsgebunden sind.
c)
Umstritten war früher die Frage, ob für eine Zwangsvollstreckung auf Räumung und Herausgabe einer Wohnung auch ein gegen den nicht ehelichen Lebensgefährten des Mieters gerichteter Vollstreckungstitel erforderlich ist, wenn dieser von dem Mieter in die Wohnung aufgenommen worden ist.
Räumungsklage bei Mitbesitz
Der Bundesgerichtshof hat sich 2008 (Beschluss vom 19.03.2008 – I ZB 56/07) mit dieser Frage befasst und entschieden, dass für die Räumungsvollstreckung ein Vollstreckungstitel auch gegen den nicht ehelichen Lebensgefährten erforderlich ist, wenn dieser Mitbesitz an der Wohnung begründet hat. Ein Mitbesitz an der Wohnung muss sich aber aus den Umständen klar und eindeutig ergeben.
Ist der nicht eheliche Lebensgefährte Mitbesitzer der Wohnung, ist grundsätzlich auch gegen ihn ein Räumungstitel notwendig.
Anders als bei einem Ehepaar, das gemeinsam aufgrund der auf Lebenszeit angelegten Ehe in der ehelichen Wohnung lebt, kann aber bei einem nicht ehelichen Lebensgefährten allein aus der Aufnahme in die Wohnung nicht auf einen Mitbesitz geschlossen werden. Nach der Entscheidung des BGH muss anhand der tatsächlichen Umstände des jeweiligen Falles beurteilt werden, ob der nicht eheliche Lebensgefährte Mitbesitzer oder nicht nur Besitzdiener ist.
Mitbesitz bedeutet, dass der Lebensgefährte gemeinsam mit dem Mieter die tatsächliche Sachherrschaft über die Mieträume hat – also z.B. die Schlüssel für die Wohnung hat und damit verfährt wie der Mieter. Auch muss die Einräumung des Mitbesitzes an den nicht ehelichen Lebensgefährten durch eine von einem entsprechenden Willen getragene Handlung des zuvor allein besitzenden Mieters nach außen erkennbar werden. Dies kann z.B. dadurch geschehen, dass der Mieter dem Vermieter die beabsichtigte oder schon erfolgte Aufnahme des Lebensgefährten in die Wohnung anzeigt oder sich dieser dort nach dem jeweiligen Meldegesetz angemeldet hat.
Auskunft beim Einwohnermeldeamt einholen
Lebt der Mieter in der Wohnung gemeinsam mit seinem Ehepartner, ist eine Räumungsklage auch gegen diesen zu richten. Ist unklar, ob der Mieter die Wohnung mit einem nichtehelichen Lebensgefährten bewohnt, sollte der Vermieter dies vor Einleitung des Klageverfahrens klären, z.B. eine Auskunft beim Einwohnermeldeamt einholen um bei der späteren Räumung vor unliebsamen Überraschungen gefeit zu sein.
Die am 01.05.2013 in Kraft getretene Neufassung des § 940 a ZPO erleichtert nun zwar die Durchsetzung der Räumung gegen einen Dritten. Dies setzt aber eine einstweilige Verfügung voraus und der Vermieter darf vom Besitz des Dritten erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung in dem Räumungsklageverfahren gegen den Mieter erfahren haben.
Vermieter sollten sich, wenn sie eine Räumungsklage erwägen, auf jeden Fall von einem erfahrenen Anwalt für Mietrecht beraten lassen.