Klage auf künftige Räumung
0 CommentsKlage auf künftige Räumung gem. § 259 ZPO
Hat der Vermieter dem Mieter die Kündigung des Mietverhältnisses erklärt, ist der Mieter zum Ablauf der Kündigungsfrist zur Räumung der Mietsache verpflichtet. Andernfalls kann der Vermieter Räumungsklage erheben. Gibt der Mieter bereits vorher zu erkennen, dass er dieser Pflicht nicht nachkommen wird, kann dies die Besorgnis begründen, dass der Mieter sich der rechtzeitigen Leistung entziehen wird. Der Anspruch auf Räumung und Herausgabe kann dann sofort im Wege einer Klage auf künftige Leistung gerichtlich geltend gemacht werden. Dies ergibt sich aus § 259 ZPO:
Klage auf künftige Leistung kann außer den Fällen der §§ 257, 258 erhoben werden, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde.
Widerspruch nach Kündigung begründet Besorgnis
Der für Wohnraummietsachen zuständige achte Senat des BGH hatte nun darüber zu entscheiden, ob diese Besorgnis gerechtfertigt ist, wenn der Mieter in einem Widerspruch gegen die Kündigung vor Ablauf der Widerspruchsfrist mitteilt, dass er die Herausgabe der Wohnung nicht vornehmen wird, weil er noch keine andere Mietwohnung gefunden hat.
Nachdem der Kläger das Mietverhältnis wegen Eigenbedarf gekündigt hatte, teilte der Mieter mit, er sei auf Wohnungssuche, habe aber bislang keine Ersatzwohnung gefunden. Da er sonst obdachlos auf der Straße stünde, berief sich der Mieter auf eine nicht zu rechtfertigende Härte und verlangte die Fortsetzung des Mietverhältnisses. Der Vermieter wartete nach diesem Widerspruch den Ablauf der Kündigungsfrist nicht ab und erhob durch seinen Rechtsanwalt sofort beim örtlich zuständigen Amtsgericht Klage auf zukünftige Räumung.
Der Mieter fand dann doch eine neue Wohnung und zog innerhalb der gesetzten Frist aus. Der Räumungsanspruch und damit der Rechtsstreit wurden übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Gericht musste deshalb nur noch darüber entscheiden, wer die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hatte.
Das Amtsgericht erachtete die Klage auf künftige Räumung der Mietwohnung als zulässig und legte die Kosten den Beklagten auf. Die Erhebung der Räumungsklage sei unzulässig gewesen, befand hingegen das Landgericht Lübeck als Beschwerdegericht. Eine Klage auf zukünftige Leistung sei nur zulässig, wenn der Mieter den Räumungsanspruch bestreite. Die Voraussetzungen des § 259 ZPO lägen aber nicht vor, wenn der Mieter darauf hinweise, dass ihm die entsprechende Leistung aufgrund fehlenden Ersatzwohnraums rein tatsächlich nicht möglich sein könnte. Auch der Widerspruch gegen die Kündigung gemäß §§ 574 ff. BGB rechtfertige für sich genommen nicht die Besorgnis, der Mieter werde sich der Räumungspflicht entziehen. Das Landgericht kam deshalb zu dem Ergebnis, dass die Klage unzulässig gewesen sei und der Vermieter die Kosten zu tragen habe.
BGH: Räumungsklage war zulässig
Der BGH hat in letzter Instanz die Zulässigkeit der Räumungsklage in seiner Entscheidung (Beschl. v. 25.10.2022, Az.: VIII ZB 58/21) bejaht und führt dazu aus:
Auch in den Fällen des Widerspruchs eines Wohnraummieters gegen die Kündigung des Mietverhältnisses (§§ 574 ff. BGB) kommt es grundsätzlich darauf an, ob der Vermieter aufgrund der Erklärung oder des sonstigen Verhaltens des Mieters davon ausgehen musste, dieser werde zu einer Räumung und Herausgabe der Mieträume im Zeitpunkt der (vom Vermieter geltend gemachten) Beendigung des Mietverhältnisses nicht bereit sein.
Das nach dem Wortlaut des § 259 ZPO erforderliche „Sich-Entziehen“ des Schuldners hinsichtlich seiner Leistungspflicht ist auch dann zu besorgen, wenn der Mieter deutlich gemacht hat, er werde mangels Verfügbarkeit von Ersatzwohnraum über den Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses hinaus in der Wohnung des Vermieters verbleiben. Auch in diesem Fall hat er – entgegen der Ansicht der Beschwerdeerwiderung – die Nichterfüllung der Leistungspflicht in seinen Willen aufgenommen.
Insbesondere verlangt § 259 ZPO nicht die Böswilligkeit des Schuldners hinsichtlich der geltend gemachten Leistungspflicht im Sinne eines Erschwerens oder Hintertreibens der Befriedigung des Gläubigers […]. Maßgeblich ist allein die mangelnde Bereitschaft des Schuldners zur rechtzeitigen Leistung (vgl. BGH, Urteile vom 14. Dezember 1998 – II ZR 330/97, NJW 1999, 954 unter II 2; vom 4. Mai 2011 – VIII ZR 146/10, NZM 2011, 882 Rn. 15; vom 20. Dezember 2018 – VII ZR 69/18, NJW 2019, 1674 Rn. 14).
Klage auf zukünftige Leistung vermeiden
Ergibt sich aus dem Widerspruch des Mieters, dass er zur Räumung der Wohnung nicht bereit ist, obwohl er den Kündigungsgrund nicht bestreitet, begründet dies die Besorgnis, dass der Mieter die Wohnung nicht zu dem vom Vermieter gewünschten Zeitpunkt räumen wird. Der Vermieter darf dann Klage auf Räumung erheben, ohne den Ablauf der Kündigungsfrist abzuwarten.
Mieter einer Wohnung sollten also bei der Formulierung des Widerspruchs möglichst offen lassen, ob sie der Kündigung nachkommen werden, wenn sie die sofortige Erhebung einer Räumungsklage vermeiden möchten.
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