Gravierende Abweichung
1 CommentDer u.a. für das Gewerberaummietrecht zuständige XII. Zivilsenat des BGH hat in einem Urteil vom 18.07.2012 (XII ZR 97/09) festgestellt, dass ein Gewerberaummieter die Miete grundsätzlich auch dann mindern darf, wenn ein vermieteter Kellerraum „gravierend“ kleiner ist, als im Mietvertrag vereinbart wurde.
Der Senat führt dazu erläuternd aus:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellt bei der Miete von Räumen die Unterschreitung der vertraglich vereinbarten durch die dem Mieter vom Vermieter tatsächlich überlassene Fläche einen Mangel der Mietsache dar. In diesem Sinne hat der Bundesgerichtshof zunächst zur Wohnraummiete entschieden (BGH Urteil vom 24. März 2004 – VIII ZR 295/03 – NJW 2004, 1947 Rn. 11 f.; zuletzt BGH Urteile vom 10. März 2010 – VIII ZR144/09 – NJW 2010, 1745 Rn. 11 f. [BGH 10.03.2010 – VIII ZR 144/09] und vom 10. November 2010 – VIII ZR 306/09 – NJW 2011, 220 Rn. 14 [BGH 10.11.2010 – VIII ZR 306/09]). Einer zusätzlichen Darlegung des Mieters, dass infolge der Flächendifferenz die Tauglichkeit der Wohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch gemindert ist, bedarf es hierfür nicht (BGH Urteil vom 24. März 2004 – VIII ZR 295/03 – NJW 2004, 1947). Der Senat hat sich dieser Rechtsprechung für die Miete von Geschäftsräumen angeschlossen (Senatsurteil vom 4. Mai 2005 – XII ZR 254/01 – NJW 2005, 2152 [BGH 04.05.2005 – XII ZR 254/01]).
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Dass die in Bezug auf die Beschaffenheit der Mietsache vereinbarte Nutzfläche schließlich mit einem Circa-Maß angegeben ist, steht einem zur Mietminderung berechtigenden Sachmangel nicht im Wege, wenn die tatsächliche Fläche mehr als 10 % unter der vereinbarten Quadratmeterzahl liegt (vgl. BGH Urteil vom 10. März 2010 – VIII ZR 144/09 – NJW 2010, 1745 Rn. 12 [BGH 10.03.2010 – VIII ZR 144/09] mwN).
Die vorgenannte Rechtsprechung bezieht sich zwar auf die Wohnraummiete, bei welcher Kellerflächen grundsätzlich nicht in die Wohnflächenberechnung einfließen (vgl. § 2 Abs. 3 Nr. 1 a der Wohnflächenverordnung vom 25. November 2003 BGBl. I S. 2346; ähnlich § 42 Abs. 4 Nr. 1 II. BV – gültig bis 31. Dezember 2003). Jedenfalls bei einer gravierenden Abweichung wie im vorliegenden Fall kann im Rahmen der Geschäftsraummiete auch für Nebenräume aber nichts anderes gelten.
Es kommt des Weiteren nicht darauf an, in welcher Weise der Mieter die betreffende Fläche im konkreten Fall hätte nutzen wollen und in welchem Umfang er konkret beeinträchtigt ist (BGH Urteil vom 10. März 2010 – VIII ZR 144/09 – NJW 2010, 1745 Rn. 11 mwN; Kraemer NZM 1999, 156, 161). Dass die fehlende Fläche nur Nebenräume betrifft, findet sodann im Rahmen der Ermittlung des herabgesetzten Mietbetrages nach § 536 Abs. 1 Satz 2 BGB Berücksichtigung.
Praxishinweis:
Es ist schade, dass der BGH nicht klipp und klar festgestellt hat, ab wann die Flächenabweichung eines Nebenraumes zu einer Mietminderung führt. Die ansonsten geltende 10%-Grenze wurde für Nebenräume nicht bestätigt. Die Minderung wurde im konkreten Fall lediglich auf eine „gravierende Abweichung“ gestützt. Die Frage bleibt offen, ab wann eine Abweichung „gravierend“ im Sinne des BGH ist. Es steht zu befürchten, dass sich die Gerichte weiterhin mit dieser Problematik beschäftigen müssen.