Erstattung der Anwaltskosten bei Unfallschadensregulierung
0 CommentsRechtsanwaltskosten als Schadensersatz
Die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung hat in der Regel die dem geschädigten entstandenen Kosten für die Beauftragung eines Rechtsanwaltes zur Unfallschadensregulierung zu erstatten. Dies hat nun auch das Amtsgericht Bielefeld entschieden (Urteil vom 03.05.2017 – 411 C 37/17).
Das Gericht führt dazu in den Entscheidungsgründen aus:
Grundsätzlich sind Rechtsanwaltskosten auch von der Schadensersatzverpflichtung aus dem StVG erfasst. Wie für jede andere Schadensposition aber auch gilt, dass nur der im Sinne des § 249 BGB erforderliche und zweckmäßige Aufwand erstattet wird. Eine bloße Zweckmäßigkeit genügt nicht und insbesondere hat der Schädiger nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsverfolgungskosten des Geschädigten zu ersetzen. Ob die Beauftragung eines Rechtsanwalts erforderlich ist bestimmt sich dabei unter anderem auch aus der Person des Geschädigten heraus. Vor dem Hintergrund, dass der Schädiger grundsätzlich für alle für das Schadensereignis verursachten Kosten einzustehen hat sind an die Voraussetzungen der Erstattungsfähigkeit aber keine hohen Anforderungen zu stellen. Bei Verkehrsunfällen fehlt es in Folge dessen an der Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts, erst und nur dann, wenn der Versicherer seine Ersatzpflicht in Höhe des geschuldeten Betrags bereits anerkannt hat oder an seiner Zahlungsbereitschaft und Zahlungsfähigkeit in Höhe des tatsächlich geschuldeten Betrags keinerlei Zweifel bestehen (vergleiche LG Frankfurt, Urteil vom 18.07.2012 2 – 16 S 58/12).
Der bloße Umstand, dass die Haftung im Grunde noch unstreitig ist, genügt hingegen keinesfalls zum Ausschluss der Erforderlichkeit der Erstattungsfähigkeit von Rechtsanwaltskosten (vergleiche auch das selber von der Beklagten zitierte Urteil des LG München vom 15.04.2011, 19 S 25116/09). Bei Schadensersatzansprüchen aufgrund von Verkehrsunfällen schon im Übrigen deshalb, weil die besonders ausdifferenzierte und ständigen Wechseln und neuen Wendungen unterworfene Rechtsprechung zu der Geltendmachung der Schadensposition in Verkehrsunfallsachen so unübersichtlich ist, dass ohne juristischen Beistand der tatsächlich geschuldete Schadensersatzumfang sich nicht feststellen lässt, der Geschädigte also regelmäßig anwaltliche Hilfe bedarf (vergleiche auch LG Itzehoe, Urteil vom 05.08.2008, 1 S 22/08).
Bei Anlegung dieses Maßstabs berechtigt nahezu jeder Verkehrsunfall dazu, sich anwaltliche Hilfe zu bedienen, weil andernfalls wegen der Unüberschaubarkeit der Rechtsprechung die versehentliche Nichtgeltendmachung von Ansprüchen droht, was dem Geschädigten keines Falls zugemutet werden kann. Ein für einen Laien einfacher Fall ist bei Verkehrsunfällen daher schon kaum vorstellbar (vergleiche auch LG Kassel, Beschluss vom 28.10.2016, 1 S 309/15).
Erstattungsanspruch bei Alleinverschulden des Unfallgegners
Ein rechtsunkundiger Geschädigter weiß in der Regel nicht, welche Ansprüche ihm gegenüber der Versicherung des Unfallverursachers zustehen. Er darf daher einen Anwalt zu Rate ziehen und mit der Geltendmachung der ihm aus dem Unfallereignis zustehenden Ansprüche beauftragen, ohne Sorge haben zu müssen, auf den Kosten für den Anwalt sitzen zu bleiben. Natürlich gilt dies nur für den Fall des Alleinverschuldens des Unfallgegners. Trifft den Geschädigten ein Mitverschulden, hat er selbstverständlich auch seinen Schaden zum Teil selbst zu tragen – und dazu gehören dann auch anteilige Anwaltskosten.
Unfallgeschädigte sollten also nicht den Weg zum Anwalt scheuen.