eBay: Erneutes Angebot ist keine ausdrückliche Vertragsauflösung
0 CommentsAusgangsfall: Erneutes Angebot nach Nichtzahlung
Mein Mandant verkaufte über die Internetplattform eBay ein Kleidungsstück für 100,- EUR. Die Käuferin zahlte trotz Mahnung nicht. Also stellte mein Mandant den Artikel erneut bei eBay zum Verkauf ein. Später beauftragte er mich mit der Geltendmachung seiner Ansprüche. Das zweite eBay-Angebot löschte er, bevor es zu einem erneuten Verkauf kam.
Vor dem Amtsgericht Hamburg-Altona wandte die Beklagte ein, sich nicht mehr an den Kaufvertrag gebunden zu fühlen. Der Kläger habe diesen ja selbst aufgelöst, in dem er den Artikel erneut bei eBay zum Verkauf angeboten habe.
AG Hamburg-Altona: Keine Erklärung über Vertragsauflösung
Dem erteilte das Gericht nun eine Absage und gab der Klage statt.
Aus den Gründen:
Die Einwendungen der Beklagten greifen nicht durch.
a) Der Kaufvertrag ist nicht durch übereinstimmende Willenserklärungen der Parteien aufgelöst worden. Der Kläger hat durch sein erneutes Angebot des Produktes auf der Verkaufsplattform eBay keine Willenserklärung abgegeben, die auf die einvernehmliche Auflösung des am 19.12.2018 geschlossenen Kaufvertrages bzw. auf Rücktritt von diesem gerichtet war. Willenserklärungen sind gem. §§ 133, 157 BGB nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auszulegen und können sowohl ausdrücklich als auch durch schlüssiges Verhalten abgegeben werden.
a. Eine ausdrückliche Erklärung des Klägers der Beklagten gegenüber mit dem Inhalt, nicht mehr an die Willenserklärung vom 19.12.2018 zum Abschluss des Kaufvertrages gebunden sein zu wollen, wurde nicht abgegeben. Der Kläger hat keine ausdrücklichen Erklärungen an die Beklagte gerichtet, die als Willenserklärungen zur einseitigen oder vertraglichen Auflösung des Kaufvertrages ausgelegt werden könnten.
b. Auch durch konkludentes Verhalten des Klägers hat dieser keine Willenserklärung der Beklagten gegenüber mit dem Inhalt abgegeben, den Kaufvertrag mit dieser auflösen zu wollen, sei es durch Rücktritt oder einvernehmliche Vertragsauflösung. Das erneute Angebot, das die Beklagte am 23.04.2019 beobachtet hat, stellt keine Erklärung mit dem Inhalt dar, sich von dem bisherigen Kaufvertrag lösen zu wollen. Zwar ist das Anbieten eines Artikels über die Funktion „sofort kaufen“ nach §§ 133, 157 BGB als ein verbindliches Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages gem. § 145 BGB auszulegen (vgl. Palandt/Ellenberger, § 145 Rn. 7).
Die Bindung an einen bereits bestehenden Vertrag hindert jedoch nicht die Möglichkeit des Verkäufers, über denselben Gegenstand erneut wirksam einen Kaufvertrag zu schließen, auch wenn er nur einen Vertrag erfüllen kann (vgl. BeckOK/Faust, § 433 BGB Rn. 29), da Verträge gem. § 311 Abs. 1 BGB grundsätzlich nur die jeweiligen Vertragspartner binden.
AG Hamburg-Altona, Urteil vom 04.06.2020 – 319a C 187/19
Was eBay-Verkäufer wissen sollten
Mein Mandant hat das erneute eBay-Angebot auf meinen Rat hin wieder beendet, bevor es zu einem weiteren Verkauf kommen konnte. Denn sonst hätte er theoretisch ein Problem bekommen können: denn dann wären beide Kaufverträge wirksam gewesen und er hätte nur einen davon erfüllen können. In diesem Fall wäre aber ein Rücktritt von dem ersten Kaufvertrag wegen Nichterfüllung möglich gewesen.
Grundsätzlich gilt aber: Man kann einen Artikel mehrfach verkaufen – die Kaufverträge sind dann alle wirksam. Der erneute Verkauf stellt also keine Vertragsauflösung dar. Problematisch wird es dann nur, wenn alle Käufer auf Erfüllung bestehen und ggf. Schadensersatz geltend machen.
Bezahlt also ein Käufer einen Artikel nicht, sollten Verkäufer folgende Optionen beachten:
- Die Erfüllung des Kaufvertrages kann rechtlich geltend gemacht werden (außergerichtliche Aufforderung -> Klageverfahren ->Zwangsvollstreckung)
- Alternativ kann der Verkäufer vom Kaufvertrag wegen Nichterfüllung (Nichtzahlung) zurücktreten und den Artikel erneut verkaufen. Wird beim erneuten Verkauf ein geringerer Verkaufserlös erzielt, kann der Verkäufer die Differenz als Schadensersatz von dem ersten Käufer verlangen und ebenfalls gerichtlich geltend machen.
Option 2 dürfte besonders bei geringpreisigen Artikeln die wirtschaftlichere Vorgehensweise sein.